Viel unangenehmer, viel gefährlicher als die Begegnungen mit Insassen in Palmasola war die Verhaftung durch die bolivianische
Polizei: Im Anschluss an die erste Probe am Freitagabend hatten wir einen kleinen Umtrunk in einer Bar. Wir verließen diese gegen 23:00 Uhr und wurden an der nächsten Ecke von zwei Polizisten auf
einem Motorrad angehalten. Sie fragten nach Dokumenten, nach unseren Ausweisen. „Es riecht nach Marihuana“ genügte als Verdacht, um uns mit auf die Wache zu nehmen.
Unmöglich konnten wir zu sechst auf einem Motorrad zum Kommissariat fahren, also quetschten wir uns in ein Taxi, der Bulle mit unserer Kollegin Marioly vorne auf dem Beifahrersitz, wir anderen zu
dritt hinten drin, der zweite Bulle als Motorradeskorte.
Auf der Wache wurden uns Telefone und Dokumente abgenommen, dann folgte eine Leibesvisitation und anschließend die Zelle. Psychische wie physische Gewalt war klares Mittel der Kommunikation: „Du
willst telefonieren? Und wie geht das ohne Telefon?“
Auch unsere Schilderung, wir seien offizielle Gäste des Goethe-Zentrums Santa Cruz und würden ein Projekt über das Gefängnis Palmasola machen, erntete nur lautes Gelächter.
Nach einigem hin und her durfte ein Teil der Gruppe die Polizeistation verlassen: die Europäer und zwei bolivianische Kollegen. Einen bolivianischen Kollegen behielten sie -mit der Begründung er
sei den Behörden bekannt- in Haft. Nun kam das Angebot, die Prozedur mit einem Trinkgeld von 400 Pesos (ca. 50 €) abzukürzen.
Die Bolivianer waren strikt dagegen, dieses Schmiergeld zu bezahlen, also verbrachten wir die Nacht vor der Polizeistation. Wartend. Frierend. Nachdem unser Kollege im Morgengrauen noch Zelle,
Toilette, und Polizeistation gefegt und wischt hatte war er wieder frei.
Die Willkür der Polizei ist immens, erschreckend. Für die Bolivianer ist das Alltag. Sie wissen damit umzugehen, bleiben stets gelassen: „Das muss man einfach aussitzen. Und das hier ist eine
wirklich noble Zelle.“